„So viele Talente!“
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kamen die Vorschul- und Hortkinder, ihre Familien und das ganze Kita-Team zu einem Gottesdienst zusammen. Das lachende Auge, weil da ganz viel Dankbarkeit war über die tolle Zeit in Kita und Hort. Das weinende Auge, weil es einen Abschied von der Kita bedeutet – und beim Hort auch ganz endgültig. Im Mittelpunkt standen die Kinder und ihre Talente. Pfarrerin Oehler erzählte die Geschichte von den anvertrauten Talenten und die Vorschul- und Hortkinder erzählten stolz, was sie alles in Kita und Hort gelernt haben: malen, basteln, Spagat und hangeln und vieles mehr.
Bei der Verabschiedung hoben die Erzieherinnen für jedes Kind noch einmal sein ganz spezielles Talent hervor. Dann gab es einen Segen und die Kinder bekamen ihre Mappen und ein Geschenk aus der Kita zum Abschied. Aber natürlich haben nicht nur unsere Kinder Talente, sondern in hohem Maße auch unsere Erzieherinnen und das ganze Kita-Team. Besonders gewürdigt wurden Frau Gorges und Frau Guidi, die seit 20 bzw. 10 Jahren als Erzieherinnen in der Tiger-Gruppe dem Hort seine Prägung gaben. Auch sie bekamen einen Segen mit für den neuen Abschnitt, der für sie nach den Ferien ansteht – zum Glück weiterhin in unserer Kita.
Anrede von Pfarrer Stephan Da Re an Nicoletta „Nicki“ Guidi und Martina „Tina“ Gorges
Liebe Nicki, liebe Tina,
heute ist ein trauriger Tag. Der Hort der Ev. Johanneskirchengemeinde schließt für immer seine Türen. Als wir im Dezember die Nachricht erhielten, dass die Stadt Wiesbaden den Hort schließen würde, haben sich einige Eltern zusammengetan und auf vielfältige Weise dagegen protestiert, leider ohne Erfolg. Trotzdem hat das Thema Aufmerksamkeit bekommen und einige Verantwortungsträger in Unruhe versetzt. Das ist gut so.
Wenn man mit Eltern aus dem Stadtteil spricht (auch mit denen, deren Kinder schon erwachsen sind), hört man immer wieder den Satz: „Der Hort ist das Beste, was unserem Kind [oder unseren Kindern] passieren konnte.“ Was muss erfüllt sein, damit Eltern in dieser Weise von einer pädagogischen Einrichtung sprechen? Aus meiner Sicht sind es im Wesentlichen 5 Punkte:
- Ein über viele Jahre beständiges und gut eingespieltes Team, das die Kinder im Blick hat und Bildung und Betreuung auf hohem Niveau ermöglicht.
- Eine überschaubare Gruppe von Kindern, die einander kennen und eine starke Gemeinschaft bilden.
- Freundliche und kindgerechte Räume, in denen sich Kinder wohlfühlen und deren Ausstattung vielfältige Lern- und Spielmöglichkeiten bieten.
- Ein Träger, für den Bildung kein Fremdwort, sondern Markenkern ist, und der Bildung als ganzheitlichen Prozess versteht, der sich an der Lebenswelt der Kinder orientiert. Die Reformation, aus der die evangelische Kirche hervorgegangen ist, war eine Bildungsbewegung.
- Eine tarifgebundene Vergütung, ein angemessener Betreuungsschlüssel und pädagogische Fachkräfte, die wissen, was sie tun.
Der Hort der Ev. Johanneskirchengemeinde hat all das. Sie beide haben viel dazu beigetragen, die Selbstwirksamkeit der Kinder zu stärken und ihnen in unruhigen Zeiten Verlässlichkeit und Stabilität zu bieten. Dass der Hort schließt, schmerzt sehr, zumal die Stadt Wiesbaden mit der Ganztagsbetreuung an vielen Grundschulen überfordert scheint.
Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen haben wir eine Form, um dem Übergang Ausdruck zu verleihen. Vor eineinhalb Wochen waren wir in einer großen Gruppe aus Kindern und Eltern gemeinsam im Museum und haben den Tag anschließend in einem Lokal ausklingen lassen. Da wurde vieles von dem sichtbar, was einen guten Hort ausmacht. Ein gemeinschaftliches Geschenk für Sie beide, an das wir uns alle gerne erinnern. Und heute feiern wir gemeinsam Gottesdienst, schauen dankbar auf die gemeinsame Zeit zurück, bringen unseren Ärger und unsere Klage vor Gott und bitten ihn, dass er Sie beide und uns alle auch in Zukunft begleiten möge.
„Kinder in die Mitte!“, heißt eine Handreichung der Evangelischen Kirche Deutschland (2020). Danke, dass Sie die Kinder in die Mitte gestellt haben, indem sie sich glaubwürdig den Kindern zugewandt und in einer guten Weise an ihrem Leben Anteil genommen und sie begleitet haben. Gott segne Sie, Ihre Arbeit und alles was kommt!